Ratgeber für ein Leben ohne Milch
Informationen für Betroffene mit Milchallergie und LaktoseintoleranzVerschiedene Zusätze und synthetisch hergestellte Substanzen finden sich in einer Vielzahl unserer täglichen Nahrungsmittel und können bei einigen Menschen Allergien auslösen. Im Zusammenhang mit dem Begriff Lebensmittelallergie hört man auch von den Krankheitsformen der Milchallergie und der Laktoseintoleranz, die häufig synonym verwendet werden. Allerdings ist eine Milchallergie medizinisch gesehen eine grundlegend andere Erkrankung als eine Laktoseintoleranz, obwohl die Symptome sehr ähnlich sind. Um die Symptome und Ursachen behandeln zu können, muss differenziert werden, ob es sich bei der Erkrankung um eine Milchallergie oder eine Laktoseintoleranz handelt.
Der Mensch ist das einzige Säugetier, was nach der Ernährung durch die Muttermilch weiterhin Milch zu sich nimmt. Der Stoffwechsel des Menschen funktioniert jedoch ähnlich wie der anderer Säugetiere und ist eigentlich nicht auf eine Ernährung mit Substanzen aus der Milch ausgerichtet. Zwar hat sich der Stoffwechsel der Menschen vor allem in den westlichen Ländern auf eine milchhaltige Ernährung umgestellt, eine milchfreie/milcharme Ernährung kann Vorteile für Menschen mit empfindlichem Verdauungstrakt mit sich bringen.
Hinzu kommt, dass viele milchhaltige Produkte heutzutage industriell mit synthetischen Zusätzen und Zucker versetzt werden und/oder einen hohen Fettgehalt aufweisen. Der übermäßige Verzehr solcher Produkte kann der Gesundheit des Menschen u. U. schaden.
Im Gegensatz zur Milchallergie, bei der es sich um eine Überreaktion des Immunsystems gegen bestimmte Eiweißverbindungen in der Milch handelt, liegt mit der Laktoseintoleranz ein erbliches Merkmal vor. Dementsprechend ist eine Laktoseintoleranz keine Krankheit im eigentlichen Sinne, sondern ein individuell vorliegendes Merkmal. Nicht Betroffene haben ein sogenanntes Laktase-Gen, was die Verdauung von Milchzucker ermöglicht. Dieses Gen fehlt bei Menschen mit Laktoseintoleranz, weshalb in der Milch enthaltener Milchzucker nicht aufgespalten werden kann.
Milch und milchhaltige Produkte gehören in der westlichen Kultur zu den Grundnahrungsmitteln. Die Vereinten Nationen (FAO) und der Internationale Milchwirtschaftsverband (IDF) haben den 1. Juni zum Weltmilchtag ernannt.
Doch obwohl Milch in vielen europäischen Ländern zur Essenskultur gehört, sollte man wie bei vielen anderen Lebensmitteln tierischen Ursprungs die Herkunft genauer hinterfragen. Denn um die Mengen an Milch zu produzieren, die weltweit verzehrt werden, braucht es weitere Tiere, die u. U. unter nicht artgerechten Bedingungen Milch geben. Unabhängig von einer Milchallergie oder Laktoseintoleranz, könnte jeder seinen Milchkonsum aus Gründen des Tier- und Umweltschutzes überdenken.
Milchallergie
Milchallergie und Laktoseintoleranz sind zwei unterschiedliche Erkrankungen. Während es sich bei der Laktoseintoleranz um eine erblich bedingte Nahrungsmittelunverträglichkeit handelt, reagiert der Körper bei der Entstehung der Milchallergie gegen die in der Milch enthaltenen Proteine.
Entstehung einer Milchallergie
Eine Allergie ist per Definition eine Überreaktion des Immunsystems gegen bestimmte Stoffe aus der Umwelt. Für viele Menschen völlig harmlos, reagieren Allergiker auf solche Stoffe (die sogenannten Allergene) mit Beschwerden wie Gesichtsschwellungen, Hautausschlag, Verengung der Luftröhre oder Asthmaanfällen. Ein gesundes Immunsystem setzt sich gegen Mikroorganismen, die es als gefährlich einstuft, zur Wehr. Bei der Milchallergie stuft das Immunsystem des Betroffenen die Proteine aus der Kuhmilch als Gefahrenquelle ein und produziert Antikörper vom Typ Immunglobin E (IgE) im Übermaß. Treffen diese Antikörper auf die Proteinverbindungen aus der Kuhmilch, kommt es zur allergischen Reaktion und der Entstehung einer Milchallergie.
Erwachsene sind von einer Milchallergie verhältnismäßig selten betroffen. Häufiger kommt die Entstehung einer Milchallergie bei Säuglingen vor, vor allem bei denen, die nicht gestillt werden und stattdessen mit Kuhmilch in Berührung kommen. Statistiken zufolge liegt die Häufigkeit der Entstehung einer Milchallergie bei Neugeborenen zwischen 0,5 und 7 %. Erklärungsansätze beziehen sich auf die Annahme, dass Kuhmilch-Proteine bei nicht gestillten Kindern die ersten „Fremd-Antigene“ sind, mit denen das Immunsystem in Berührung kommt.
Diagnose einer Milchallergie
Eine Milchallergie zeichnet sich nicht durch einen einzelnen beweisbaren Parameter aus. Vielmehr sind die Symptome von Patient zu Patient verschieden und die Diagnose einer Milchallergie ist dementsprechend umfangreich. Gemäß der Leitlinie „Standardisierung von oralen Provokationstests bei Verdacht auf Nahrungsmittelallergie“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) stehen bei Verdacht auf eine Milchallergie folgende Diagnoseverfahren zur Verfügung:
- Anamnese: Das Anamnesegespräch wird durch den behandelnden Arzt oder eine ausgebildete Ernährungsfachkraft durchgeführt. Dieses Erstgespräch kann bereits Aufschluss darüber geben, ob der Patient regelmäßig allergische Reaktionen aufweist, wenn er in den Genuss milchhaltiger Produkte kommt.
- Symptom-Ernährungs-Buch: In der Regel treten die Symptome einer Milchallergie innerhalb von zwei Stunden nach Verzehr milchhaltiger Produkte auf. Bei manchen Patienten verzögert sich die allergische Reaktion jedoch und der Betroffene bringt die Nahrungsaufnahme nicht mehr unmittelbar mit den Symptomen in Verbindung. Ein Symptom-Ernährungs-Buch, was über zwei bis vier Wochen geführt werden sollte, kann Aufschluss über verspätete Reaktionen und die damit zusammenhängende Milchallergie geben.
- In-vitro-Untersuchungen: Laborinterne Bluttests, bei denen spezifisches Immunglobin E mit dem Blut des Patienten in Berührung kommt, können allergische Reaktionen sichtbar machen und bei der Diagnose einer Milchallergie entscheidende Hinweise geben.
- In-vivo-Untersuchungen: Ein Provokationstest, der kontrolliert oral durchgeführt wird, ist ein weiteres Mittel für die Diagnose einer Milchallergie.
Therapie einer Milchallergie
Liegt die klare Diagnose einer Milcheiweißallergie vor, dient eine Diät der Therapie der Milchallergie. Kuhmilch besteht aus mehr als zwanzig unterschiedlichen Proteinverbindungen. Dabei sind das sogenannte Kasein und Beta-Lactoglobulin die beiden häufigsten Allergieauslöser. Bei nicht identifizierten spezifischen Unverträglichkeiten bei einer Milchallergie hilft der vollständige Verzicht auf alle Milchprodukte zur Therapie der Milchallergie. Bei der eindeutigen Diagnose einer Allergie gegen ein bestimmtes Protein kann der Patient bei der Therapie seiner Milchallergie teilweise auf Ziegen- und Schafsmilch zurückgreifen.
Sabrina Mandel